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Fünf Personen arbeiten in einer Ausgrabungsstätte. Rechts unten ist ein menschliches Skelett zu sehen.

Archäologen finden Grabstätten in der Potsdamer Mitte

23.09.2019

Bei den aktuellen Erschließungsmaßnahmen für das neue entstehende Stadtquartier an Stelle der ehemaligen Fachhochschule laufen derzeit bauvorbereitende archäologische Ausgrabungen. Dabei sind bisher 15 Gräber gefunden, untersucht und geborgen worden. „Die Ausgrabungen sind ein Fenster in die Geschichte Potsdams und zeigen, dass hier schon zum Ende des 16. Jahrhunderts ein ausgeprägter Bebauungsdruck herrschte. Da ist es schon eine kleine Sensation, wenn angesichts der umfangreichen Zerstörungen des Bodendenkmals durch spätere Bautätigkeiten eine Bestattungsfläche aus dem 13. Jahrhundert erhalten werden konnte. Umso wichtiger ist es folglich heute, mit den zur Verfügung stehenden Techniken und auch finanziellen Mitteln, ebensolche Fenster zu öffnen und die Erkenntnisse für nachkommende Generationen zu sichern,‘‘ sagt der Baubeigeordnete für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, Bernd Rubelt. Auf dem Areal der ehemaligen Fachhochschule in der Potsdamer Mitte sollen in den kommenden Monaten und Jahren neue, lebhafte Quartiere für alle Menschen, ein urbanes Stadtzentrum mit dringend benötigten zusätzlichen Wohnungen, Platz für Gewerbetreibende, Cafés und Bars sowie öffentlichen Plätzen samt Kunst und Kultur entstehen.
 
In einem circa 150 Quadratmeter großen Areal im künftigen Straßenraum westlich der Nikolaikirche eröffnet sich für die derzeit dort arbeitenden Archäologen ein Fenster in die Stadtgeschichte bis in die Zeit der deutschen Ortsgründung um das Jahr 1200. „Dass hier ein spätestens um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert angelegter Friedhof um die ehemalige Stadtkirche liegt, ist durch historische Quellen und frühere Ausgrabungen bekannt‘‘, sagt Stadtarchäologin Gundula Christl. Da die jetzt gefundenen Gräber in bis zu drei Lagen übereinanderliegen und auch Leitungen und andere jüngere Bauaktivitäten ihre Spuren hinterlassen haben, sind zumeist nur Teile der Bestatteten in anatomisch korrekter Lage erhalten geblieben. Vertreten sind dabei alle Altersstufen. Den traurigen Nachweis der damals hohen Kindersterblichkeit bilden zwei Säuglingsbestattungen. Ein Grab aus dem 13. Jahrhundert ist das bisher einzige, das vollständig erhalten in der Grabungsfläche freigelegt ist. Nägel und Holzspuren im Boden sind Reste eines gezimmerten Sarges. Die Grabungsleiterin Nicola Hensel von der Archäologie Manufaktur GmbH freut sich über die große zusammenhängende Fläche, in der nun die Bestattungen untersucht werden können. Die Ausgrabungen werden von der Anthropologin Dr. Bettina Jungklaus begleitet. Ihre Forschungen werden Auskunft unter anderem über Altersstruktur, Ernährungszustand und Krankheitsbelastung der frühen Potsdamer geben.
 
Einige Baubefunde aus dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen, dass auch in der frühen Geschichte Potsdams gelegentlich dringend nach neuen Bauflächen in der Stadt gesucht wurde. Ein um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert angelegtes unterkellertes Gebäude greift in den älteren Friedhofsbereich ein, offenbar eine Verkleinerung des Bestattungsplatzes an dieser Seite. Eine Reihe großer Feldsteine lässt vermutlich den Verlauf der Friedhofsmauer aus dem 16. Jahrhundert erkennen.  Westlich vor ihr liegende Gräber gehören wohl zu einer frühen Belegungsphase vor der Verschiebung der Friedhofsgrenzen. Mit dem Abriss der mittelalterlichen Kirche für den 1721 begonnenen Neubau einer barocken Kirche, beides Vorgängerkirchen der Nikolaikirche, wurde der Friedhof endgültig geschlossen und vor die Stadt verlagert.
 
Hintergrund
Ende des zweiten Weltkrieges wurde der einzigartige barocke Stadtkern um den Alten Markt großflächig zerstört. In der Nachkriegszeit wurden die verbliebenen Gebäudereste abgerissen und ein neues Stadtzentrum geplant, bis zur politischen Wende 1989 waren die Pläne allerdings nicht vollständig umgesetzt. Bereits 1990 beschloss die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung daher die Wiederannäherung an das charakteristische, historisch gewachsene Stadtbild. 1999 wurde das Sanierungsgebiet „Potsdamer Mitte‘‘ förmlich festgesetzt und damit neue Planungsziele zur Wiedergewinnung der historischen Stadtmitte ermöglicht. Seitdem ist Potsdams alte neue Mitte einer der bedeutendsten
Transformationsräume der Stadt. Bei der künftigen Bebauung geht es um die künftige, ausgewogene, bunte Mischung bei der Nutzung der neuen Gebäude, um Stadtleben in einem dem Zentrum angemessenen Maßstab.

Zugehörige Dateien

  • Pressemitteilung zu Ausgrabungen Potsdamer Mitte

    Pressemitteilung zu Ausgrabungen Potsdamer Mitte

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